Sie scheint endlos zu sein.
Ein Onkel hier, zwei Omas da. Da noch Opas, Großomas, Großopas. Ach Gottchen, ich komme jedes Mal durcheinander. Es ist ja nicht so, dass ich mir nur den Verwandschaftsgrad merken müsste. Nein, jeder erwartet auch noch, dass ich sie oder ihn mit Namen kennen und irgendwann dann auch anspreche.
Meine letzte Geschichte hatte mit mir im Schwimmbad geendet. Die heraufziehende Nacht war ebenso entspannt gewesen, sodass ich frohen Mutes mich auf den nächsten Tag freuen konnte. Mama hatte mir den Abend erzählt, dass ich wieder neue Gesichter kennen lernen würde. Großoma Ursel und die Großopas Achim und Heinz sollten vorbeischauen. Die Erwachsenen hatten geplant zu Rostern. Leider kann ich nicht sagen, was das bedeutet, aber es scheint allen viel Freude zu bereiten und seltsamerweise fangen auch alle an zu schmatzen und etwas zu sabbern, weshalb ich vermute, dass es etwas mit Essen zu tun haben könnte?
Naja, wie dem auch sei. Pünktlich um die Mittagszeit trudelten die drei ein. Mir fiel augenblicklich auf, dass sie älter waren als die anderen Mitglieder meiner Familie. Möglicherweise steht das Groß für älter? Wie immer wurde ich im Anschluss rumgereicht, jeder wollte ein Stück von meiner Schönheit erhaschen. Großopi Heinz war nicht der geschickteste und schüttelte mich ordentlich durch. Es ging hoch und runter, ich wusste gar nicht mehr so recht wo oben und unten war. Mir war inzwischen etwas flau im Magen doch ich nahm alles zusammen und brachte mein hübschestes Lächeln hervor. Als Mama dann aber ankam, um mich an Großopi Achim zu übergeben, sah ich die Katastrophe langsam aber sicher kommen. Es schaukelte wieder abenteuerlich. Ich merkte, wie die süße Milch vom Mittagessen langsam aber stetig ihren Weg nach oben erklomm. Idealerweise erreichte sie den Gipfel, als ich gerade in die Arme vom Opi übergeben wurde. Die Schamesröte zeichnete mein Gesicht, sowas war mir bislang noch nie passiert. Opi hatte einen Fleck hier, etwas säuerlich riechende Milch da. Im Nachhinein bin ich sehr glücklich, dass er nicht instinktiv seine Arme weggezogen hat. Nur so konnte ein Unglück verhindert werden. Er war sozusagen mein Retter in dieser Situation, weshalb ich mein Herz schon jetzt an Achim verloren habe.
Der Nachmittag war entspannt, der Abend war es nicht. Kennt ihr das, wenn ihr den ganzen Tag geistig gefordert wart und dann Heim kommt. Man ist erschöpft, hat vielleicht sogar ein klein wenig Kopfschmerzen ob der Anstrengung. Ausruhen ist angesagt, chillen wie die die Teenies sagen. Tja, bei Babys ist das etwas umgekehrt. Wenn wir viel neues kennen lernen, wandelt sich das in Energie. Glaubt mir, meine Eltern wissen zu berichtet, dass diese Energie raus muss. Ich schrie und strampelte, ich pupste und quiekte. Nichts half. Der Überfluss an Aktivität war allgegenwärtig. Papa spielte mit mir Flugzeug, Mama machte die Opernsängerin, doch all die Eindrücke übermannten mich. Ich schrie weiter, noch viele Stunden, bis die ersten Tränen bei den beiden kullerten. Das war gegen 4 Uhr in der Nacht.
