Süßer die Glocken nie klingen

Es ist mir wieder gelungen.

Wie ihr vielleicht aufgrund meiner letzten Beiträge mitbekommen habt, stehe ich gerne im Mittelpunkt. Ich habe mich an den süßen Geschmack der ungeteilten Aufmerksamkeit gewöhnt. Ein “Ohhh” hier, ein “Ahhh” da. Wenn mich Menschen sehen, spüre ich die Verliebtheit durch die Luft schwirren. Dabei scheint es auch unerheblich zu sein, ob mich die Leute vorher schon gekannt haben. Ein “Das ist aber eine kleine süße Maus” ist immer mindestens drin. So kam es, wie es kommen musste. Tante Julia und Onkel Michael hatten irgendein großes Ding am Laufen. Ich erinnere mich, dass die beiden immer wieder von Hochzeit sprachen. Natürlich hatte ich abermals keine Ahnung, was das zu bedeuten hat. Allerdings ermahnte mich Tante Julia wieder und wieder, dass ich mich doch ja nicht in den Vordergrund spielen sollte. Es sei ihr Ehrentag, ich kleine Maus könnte noch viele andere Tage des Ruhms genießen. Challenge accepted!

Mama und Papa waren extra mit mir shoppen gewesen, um ein besonderes Kleidchen zu besorgen. Farbenfroh, perfekt auf diesen Tag abgestimmt. Ein tolles Band für den Kopf rundete meine Erscheinung stilvoll ab. Ich war gerüstet, alle Blicke auf mich zu ziehen und war gerade dabei, noch ein paar Beckenübungen zu absolvieren, als es an der Türe klingelte. Opa Achim stürmte an uns vorbei, den Gang entlang zur Toilette. Er klopfte mit Nachdruck und wollte, dass Papa alsbald das Zimmer räumt. Wollte er nach der langen Fahrt von Zwiggau nach Leipzig etwas noch sein Outfit richten? Ich war nur froh, dass ich es einfach in die Windel laufen lassen kann.

Wir fuhren los, die Fahrt war lang, das Wetter war sehr gut. Als wir stoppten, konnte ich ein großes Gebäude erblicken, hoch oben auf einem kleinen Hügel. Noch nie hatte ich etwas Derartiges gesehen. Es war aus Holz und an der Seite war ein großes X aus weiterem Holz befestigt. Papa erklärte mir, dass es eine Mühle sei. Vermutlich leben reiche Menschen dort, so prachtvoll war es. Kurze Zeit später trafen Tante Annett und Onkel Knut ein. Ihr Auftrag bestand darin, mir ausreichend Unterhaltung während der Zeremonie zu bieten. Nicht, dass ich sauer gewesen wäre, dass ich der Vermählung nicht beiwohnen durfte. Aber ein Geschmäckle hatte es natürlich. Ich sinnte auf Rache und diese sollte ich auch bekommen. Die ersten Sekunden nach der Trauung ließ ich Tante Julia und Onkel Michael noch in dem Glauben, dass ich meine Cuteness Overload deckeln und nicht ausspielen würde. Sie hatten sich geschnitten. Ich lächelte, ich weinte, ich strampelte und seufzte, dass mir die Herzen der Gäste nur so zufliegen. Fortan drängelten sich die Menschen um mich. Jeder wollte ein Foto haben. Charlotte Superstar!

Nach der Trauung eilten wir zu einem Ding, was auf dem Wasser schwimmen kann. Wir betraten das und erblickt eine Fülle an weiteren Kinderwagen und kleinen Würmchen, genau wie es Papa von mir zu sagen pflegt. War das heiß da! Zum Glück habe ich noch keine Haare und trotzdem floss der Schweiß. Davon bekam ich natürlich Durst. Es wurde aber nicht besser, als Mama und ich in eine stinkige Toilette gingen, um dort meinen Hunger und Durst zu stillen. Als ob Erwachsene zum Essen aufs Klo gehen würden! 

Den Abend verbrachten wir schließlich in einem netten Ambiente am See. Es gab Musik und Kuchen und noch mehr Liebesbekundungen für mich. Ein rund um gelungener Tag ging für mich ging zu Ende. Bis zum nächsten Mal.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert